Mittwoch, 2. Dezember 2009

Als Daytona piaffieren lernte ODER Ein Storch auf 4 Beinen

Die alljährliche Wintermüdigkeit ist ausgebrochen und es gibts für Daytona derzeit nichts schlimmeres als die Reithalle zu betreten. Das in der Box noch so arme und müde Pferd wird hierbei urplötzlich zu einem schwer grantigen Koloss mit ungeahnten Aggressionen.

Will man Madam Daytona von und zu ich-will-heut-nicht nach dem Eingang noch ein wenig weiterführen, geht das genau so lange gut, wie der Zügel lang ist. Sobald man nämlich dessen Ende erreicht hat, sollte man sich umdrehen und erkundigen ob es dem werten Fräulein möglich wäre einen Schritt nach vorne zu machen. Dieses, in seiner unendlichen Güte, streckt den Hals.
Wir haben somit noch einmal 30 cm gewonnen, was uns - genau genommen - aber nicht einen Millimeter weiter bringt.
Um bei der jungen Prinzessin kein Minderwertigkeitsgefühl aufkommen zu lassen und somit unnötig Zorn auf sich zu ziehen, ist es ratsam jeden neuen Weg Schulter an Schulter zu beginnen.
Also zurück auf die Ausgangsposition und von da mit neuem Elan in die Halle.

Nein, natürlich ändert das nichts an ihrer Haltung. Weder an der psychischen, noch an der physischen, aber man wird ja wohl noch probieren dürfen.

Und weil wir ja keine Unmenschen sind, versuchen wir den gleichen Schmäh nochmal. Daytona drückt ihre Begeisterung mit zurückgelegten Ohren und gefletschten Zähnen aus. Ja, mein Pferd kann die Zähne fletschen. Wer's nicht glaubt, soll versuchen sie in die Halle zu führen.

Irgendwann kriegen wir die böse Rübe dann aber doch zu fassen und das lustige Stöckchen in der Hand überredet sie, mit uns zu gehen.

Da das Einparken an der Bank zum rückenschonenden Aufsitzen bei weniger positiv gelaunten Daytonas grundsätzlich ein Kampf ist, der mit 2 wutschnaubenden Gesichtern endet, haben wir ein Ablenkmanöver, welches auf gleich die Motivation ein wenig anregen soll.

Daytona lernt piaffieren.

Piaffieren setzt vorraus, dass das Pferd die Beine beim Gehen vom Boden abhebt und nicht wie ein gelähmtes Känguruh im Sand entlang schleift.
Also beginnen wir mit einer einfachen Übung:
Wir stellen uns ruhig und gleichmäßig auf alle 4 Füße. Der Blick nach vorne. Die Konzentration in der Mitte und der nächste Wutausbruch bitte ganz weit hinten im Narrenkastl versteckt.
Nun tippt der Trainer dem anvertrauten Pferd leicht mit einer Gerte auf ein Hinterbein.
WAFFFF!
Gerte weg. Kopf in der Mitte. Konzentration gleichmäßig auf den Trainer verteilt und der Wutausbruch ganz vorne.
Dieses und ähnliche Szenarien vor gut einem Jahr...

Nun sind wir aber älter und wenn schon nicht weiser, dann zumindest etwas fauler. Daytona tritt somit immer noch wie wild auf den Boden, sobald sich die Gerte nur nähert, aber zumindest musste sie dafür das Bein heben und verlangt auch schon eine Belohnung dafür.
Mit ein wenig Übung konnten wir das wütende Treten abschwächen und in ein motzendes Schweifschlagen umwandeln.
1 kg Karotten später lässt auch das Schweifschlagen nach und Daytona lernt den unterschied zwischen Bein hoch (lift) = guuuut und Bein ohne Erlaubnis wieder runter = neeeein!
Etwas verkrampft aber dem Gemüse zu liebe bleibt also das gefragte Bein nun auch schon 1-2 Sekunden oben (zumindest jedes 10. Mal).

Daytona ist bekannt für zwei Dinge.
Zum Ersten ist sie unglaublich intelligent. Sie merkt sich alles sofort und bis ins kleinste Detail.
Und zum Zweiten ist Daytona unglaublich verfressen. Sie frisst immer alles sofort und bis zum kleinesten Teil.

Genau diese beiden Eigenschaften sind perfekt für jeden Trainer, denn sie sind daran schuld, dass Daytona die Beine kurze Zeit später schon hochheben wollte, wenn ich nur daran dachte das Zeichen zu geben. Und die Frequenz in der es uns gelang das Bein auch oben zu halten konnte stark gesteigert werden.

Der erste Schritt zur Piaff ist also getan!
Naja. Theoretisch.

Die vorher erwähnten Eigenschaften sind nämlich auch leider dafür verantwortlich, dass Daytona zu jeder Aufgabenstellung ganz individuelle und nie gesehene Lösungsvorschläge bietet.

In diesem Fall lautet die Lösung

Ein Storch auf 4 Beinen und ist eine Yogaübung des großen erhabenen Meisters .... Daytona.

Bevor unser Hirn der angehörigen Hand sagen kann, dass diese die Gerte an das Pferdebein legen soll, zieht das gut trainierte Pferd schon das Bein hoch bis zu dem Bauch und erkennt, dass das Obenbleiben der gewünschte Part ist. Für diese sportliche Höchstleistung verlangt Meister-Prinzessin Madam Daytona das orangene Verdienstzeichen des Stalls ihrer Heimat (= Karotte). Im Wissen, dass das Absetzen des Beines eine falsche Handlung ist, solange Anerkennung und Lob (= Karotte) noch nicht den Zielort erreicht haben, bleibt eines der 4 Enden storchenartig nach oben gezogen.
Das Trainerhirn hat mittlerweile den Befehl an die Hand auf halben Weg abgefangen und überlegt diesen jetzt umzuformulieren.
Vergeudete Zeit für den fleißigen Storch, äh Schüler.
Die Übung wurde vorbildlich ausgeführt und verlangt nun endlich nach Respekt (= Karotte). Also biegt sich der lange Hals samt schweren Kopf in die Richtung des Trainers, welche auch die Seite des gehobenen Beines ist. Selbst überrascht von der seltsamen Körperhaltung berührt nun Daytonas Nase das Storchenbein und fertig ist Yogaübung.

Wer sich nun traut Respekt, Lob, Anerkennung und das orangene Verdienstzeichen (= viele Karotten) zu verleihen, sollte gut auf die Finger aufpassen, den in dieser Stellung kann man nicht mehr von der flachen Hand essen.