Sonntag, 22. Februar 2009

Das Stöckchenenspiel

Das Daytona ein sehr gerechtigkeitsfanatisches Pferd ist, wissen alle, die ihr schon einmal versehentlich ein Haar gekrümmt haben.

In meiner Beziehung mit ihr läuft es Gott-sei-dank nicht mehr ganz so kleinlich ab.
Mal spricht mein hungriger Zorn ein Wort zuviel und mal zieht ihre Neugier mir eins über den Schädel. Aber wir sind ja nicht so und sehen beide immer wieder darüber hinweg.

Es gibt jedoch eines, mit dem Daytona absolut auf dem Kriegsfuß steht und da hilft keine Liebe oder Einsicht. Es handelt sich dabei um Stöcke aller Art.
Ob Longe- oder Touchierpeitsche, 4-Millionen-Euro-Döbert-Gerte, billigstdorfer Nylonstock oder frisch geplückter Ast. Alles was auch nur annähernd so aussieht als könnte es eventuell im richtigen Augenblick falsch benutzt werden, muss sofort getötet werden.

Nun hat so ein Pferd aber nicht die Möglichkeit zu sagen:"He, du. Gib die Gerte weg. Auch wenn du's nicht vorhast, ich WEISS du wirst wieder Unsinn damit machen!"
Es kann das unliebe Stück auch nicht einfach in der Hand halten und es nicht wieder rausrücken.

Wie also teilt uns Daytona mit, dass sie Gerten und Peitschen nicht unbedingt anregend findet?

Nun. Der wohl bekannteste Wink mit dem Zaunpfahl ist, das Hinternhoch.
Der Reiter will sein Pferd daran erinnern, dass es im Training und nicht in der Box ist, tippt sein Pferd mehr oder weniger sanft an, welches geschickt und ohne Tempo- oder Energieverlust einen Kick mit den Hinterbeinen macht und so manch ungeübten Reiter kurzfristig auf den "Boden der Tatsachen" führt.
Auch Daytona kennt diese Methode, doch, wie wir wissen, handelt es ich bei ihr nicht um ein einfaches Pferd, sondern um eine gefinkelte und schlaue junge Dame.
Sie handelt also schon, BEVOR man Richtung Training marschieren kann!

Das Pferd gestriegelt, alle Utensilien stehen griffbereit und auch der Reiter steht bereits in voller Montur. Nur die Handschuhe fehlen noch...
Man dreht sich also um, bückt sich um die Handschuhe aufzuheben, dreht sich um - und steht:

Vor einer Daytona die versucht, die Gerte langsam und unauffällig in den hintersten Winkel ihrer Backentaschen verschwinden zu lassen.
Nachdem das sperrige Stück am letzten cm wieder herausgezogen wurde, können wir uns nun auf den Weg in die Reithalle machen.
Um etwas die Luft aus dem erfinderischen Ross zu lassen, longiert man sie vor dem Reiten etwas ab. Doch damit dies funktioniert wie es das Lehrbuch wünscht, bedarf es - zur Freude von Daytona - einer Longepeitsche.

Man sollte an dieser Stelle vielleicht, zum Schutz all jener, die eventuell irgendwann in ihrem Leben einmal ein Pferd longieren wollen, sagen, dass die Investition in eine professionelle Longepeitsche (lang! echt lang! und mit Lederschlag) bei equiden Lebensformen mit etwas Grips lebensrettend sein kann.

Nimmt man bei intelligenten Pferden eine Nylonpeitsche, wird sich deren Eifer indirektproportional zur der Entfernung zum Menschen bewegen. Und ich bin mir sicher jeder Besitzer einer solchen Peitsche weiß, dass sein Liebling 2,5 m auf den Millimeter genau einschätzen kann...
Bei etwas eigensinnigeren Pferden wird sich nach einiger Benutzung dieses Utensils eine gewisse Boshaftigkeit zeigen, denn so ein Nylonschlag ist vieles, aber sicher nicht berechenbar. Hat man das Pferd also endlich einmal in Reichweite und will dessen Hinterhand mit etwas Motivation befeuern, ist es nicht sehr unwahrscheinlich, dass man trotz aller Mühen, den Feuerfunken am Ohr des Gegenüber absetzt. Das dann jedes, noch so zart beseitete, Pferdchen zum wilden Streitross werden kann, ist eigentlich verständlich.

Für Daytona haben wir also eine ultraleichte, weeeit ausziehbare Hightech Peitsche mit ergonomisch geformten Lederschlag, mit der man sogar noch ein Barthaar zielgenau treffen kann.
Nun möchte Prinzessin Tralala aber eigentlich nie gesagt bekommen, wann sie wohin gehen soll. Auch das Tempo möchte sie selbst bestimmen und ... ja, eigentlich braucht man den Menschen nur, damit er sauber macht und Futter nachschiebt.
Blöd, aber das spielt es natürlich nicht!
Voller Tatendrang ruft man Daytona "Trab!" zu und hofft auf ein fröhlich tanzendes Pferd.
Ein Ohr dreht sich kurz herein. Das innere Aug wird klein.... Mehr Reaktion gibt es nicht.
Die Arbeitsanweisung wird wiederholt und dabei von dem leisen zischenden Geräusch der Longepeitsche unterstrichen. Gefolgt von einem kurzen brenzligen Gefühl auf der inneren Pobacke.
uiuiuiuiuiui!
Beide Ohren herein. Die Augen zugedrückt. Schweif hoch. Beine höher.
STOMP!
In Windeseile kann Daytona eine Kehrtwendung machen, sich auf ihre Hinterbeine setzen und mit aller Kraft den Lederschlag der Peitsche so tief in den Boden betonieren, dass man wartet ob Wasser, Öl oder Lava aus dem daraus entstandenen Loch sprudeln wird.

Gut. Dieses Pferd will nicht longiert werden, also gehen wir gleich reiten.
Wir packen also alles zusammen um zu der Bank am Rande der Halle zu gehen und von dort aus auf das Pferd zu klettern.
Auf unserem Weg dorthin fühlt sich die Longpeitsche etwas seltsam an. Und wenn man sich umdreht, sieht man ... Ja, richtig!
Eine Daytona die versucht, die Peitsche langsam und unauffällig in den hintersten Winkel ihrer Backentaschen verschwinden zu lassen und weil diese ja doch etwas größer ist, sie dabei alle 3 cm zu knicken.

3 m vor unserer Aufsteighilfe geht dem Pferd plötzlich der Sprit aus. Ohne ersichtlichem Grund steht es wie ein Bock auf der Stelle und schaut mit einem Unschuldsblick tiiief in des Reiters Augen. Irgendwie funktioniert auch nur der Rückwärtsgang und erst nach 10 m in die falsche Richtung können wir zumindest abbiegen.
Der nächste Versuch macht eine Runde in die andere Richtung. Aber ohne es zu merken stecken wir plötzlich wieder an der selben Stelle wie vorher fest.
Nun steht man da, wie "armer Thor" und ist so klug als je zuvor...

20 min und eine handvoll Leckerlis später konnten wir endlich neben der Bank einparken.
Wir entziehen Daytona die Gerte, die sie vorsichtshalber schon mal in ihrem Maul verstaut hat und wollen gerade den Schwung auf den Pferderücken wagen, als dieser plötzlich nicht mehr da ist. Wir haben zwar noch einen Kopf, aber wo ist der Rest des Pferdes?
Also wieder von vorne. Nur ist mittlerweile die Gerte um den Schlag kürzer ...

Nachdem auch Versuch 2-8 nicht gerade durch Erfolg gezeichnet sind, lassen wir den Schlagstock beim 9. Mal einfach liegen. Und siehe da: Wir sitzen auf dem Pferd! Welches mit einem entspannten Schnauben seinen Sieg noch einmal seinem Reiter unter die Nase reiben muss...

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